Um es gleich vorweg zu sagen: Dank unseres tollen Publikums und Maltes wunderbaren Zeichnungen konnten wir den Hannoverschen Werkstätten satte 150,00€ spenden. Danke euch!!

Coronabedingt sitzen wir am Montagabend im Café anna leine als ein exklusiver kleiner Kreis. Der Caféleiter Thomas Wachenhausen führte schier endlosen Mailverkehr mit dem Ordnungsamt Hannover, um die Veranstaltung überhaupt zu ermöglichen.

„Wollen wir den Abend dann trotzdem stattfinden lassen?“ frage ich Tan ein paar Wochen vorher am Telefon. „Na klar“ antwortet er spontan. Am Abend erzählt er uns dann die dazu passende Geschichte. „Der Tag R wie Rollstuhl war der Beginn einer Depression, die ich bekam. Ich zog mich immer mehr zurück, nur wenigen Menschen, meiner Familie gewährte ich Nähe. Dann kam mein Geburtstag und ich traute mich und lud so um die dreißig Leute ein. Freunde von früher. Das hat echt richtig Überwindung gekostet. Und dann kamen vier Leute. Vier. Das war schlimm. Seitdem ist die vier meine Zahl, alles über vier ist für mich ein Fest. Und es ist auch egal, wie viele Menschen kommen, um mich auf der Bühne zu erleben, ich messe Erfolg nicht in Zahlen und ich strenge mich für jeden Einzelnen an.“

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Natürlich kennt er alle gängigen Rollstuhlfahrerwitze. Übrigens war das eben bereits einer. Rollstuhlfahrerwitze sind ja per se ein No-Go. Haha.

Unsere Sprache ist auf Behinderungen jeglicher Art nicht eingestellt. „Wir haben keine inklusive Sprache.“Sagt Tan Caglar. Er muss wissen, denn er spürt sie alle auf, die doppeldeutigen Wörter, die sich in unserer Sprache verstecken. Er zerrt sie gnadenlos hervor, deckt sie in seinen Monologen auf und wirft sie dem begeisterten Publikum zum Fraße vor. Sprache überhaupt fasziniert ihn: „UMfahren oder umFAHREN – das gleiche Wort mit zwei völlig verschiedenen Bedeutungen. Ich liebe auch Wörter wie „Sackkarre.“ Ich hab ja meine immer dabei.“ Zack, schon wieder so ein Ding. Wenige Menschen nehmen sich in einer solch hohen Frequenz und Lust auf die Schippe. Aber so gehört sich das ja auch für einen Comedian mit Rotationshintergrund. „Würdest du lieber nicht WIE GEHT`S? sondern WIE ROLLT`S? gefragt werden?“ frage ich den Comedian Tan Caglar. Nein, das sei ganz klar zu viel. Rollstuhlfahrer und Menschen mit allen möglichen Behinderungen sollten einfach keine spezielle Sonderbehandlung erforderlich machen. „Wir sind alle Menschen, mit all unseren Fähigkeiten und Unzulänglichkeiten.“ 2016 auf der Berliner Fashion Week sei es ihm genauso gegangen: „Ich war mitten auf dem Laufsteg, die anderen Models mussten alle um mich herumlaufen. Die waren echt ein bisschen sauer auf mich, weil ich so im Fokus stand. Saß. Das ist für mich echte Inklusion und Chancengleichheit. Neid ist doch die höchste Anerkennung, oder?“

Neidisch könnte man auch auf seine Motivationsfähigkeit werden. Nicht nur moderierte er die Livestream Show Power hoch B, ein Coronabedingt digitales Showformat aus dem Hannoverschen Pavillon Kulturzentrum, Tan hostet den neuen Podcast Cruisen. Gäste wie Mousse T. und Torsten Sträter lassen sich von ihm durch die Stadt fahren – in seinem heißgeliebten fetten SUV.

Als wäre das nicht bereits genug, tritt er auch noch eng getaktet mit seinem neuen Bühnenprogramm Geht nicht? Gibt`s nicht! in der gesamten Republik auf. Der Terminplan steht bis in den September 2021. Wer Tan Caglar live erleben will, hat dazu reichlich Gelegenheit. Ich rate dringend dazu! Er ist einfach superklasse!

Ob Sie dann allerdings die Geschichte mit den Mandelhörnchen im Baumarkt, Abteilung Holzzuschnitt, zuständiger Ansprechpartner Herr Brettschneider, hören werden, ist natürlich die Frage!