In 3 Schritten zur natürlichen Sprechstimme

Die natürliche Sprechstimme, die zudem gut ausgebildet ist, hören wir weder im Radio noch im Theater. Das Klangideal, das wir aus Radio und TV kennen, ist immer die geführte, kontrollierte Stimme. Dieses Festhalten führt zu den radiotypischen Betonungen. Mit einer natürlichen, unverstellten Sprechstimme hat dieser Radiosprecher-Klang leider wenig zu tun. (Einige wenige Ausnahmen bestätigen die Regel.) Im Theater müssen viele Raummeter mit der Sprechstimme überwunden werden, auch das ist oft mehr ein Rufen.

Wo hören wir denn dann die natürliche Sprechstimme?

Wir hören die natürliche Sprechstimme bei uns und anderen immer dann, wir uns entspannt und vertraut mit freundlichen Menschen unterhalten. Wir sprechen in unserem natürlichen Klangspektrum, wenn wir einerseits „in Sicherheit“ sind und andererseits niemand Besonderes sein müssen. Jegliche Art von Stress bewirkt Anspannung, der Mensch muss nun einmal, wie alle Lebewesen auf diesem Planeten, Gefahren erkennen können und ihnen entweder fliehen oder sich ihnen entgegenstellen. Wann ist eine Situation gefährlich? Bewerbungsgespräche entscheiden über Existenzen, Vorträge über die Karriere.

Die Kunst in der Rhetorik und im Stimmtraining besteht darin, diese Natürlichkeit mit dem Ziel, deutlich und verständlich zu sprechen, beizubehalten.

Um die eigene natürliche Sprechstimme zu finden, braucht es Courage, innere Klarheit über die eigenen Ziele und Wünsche und Mut zur Peinlichkeit. Den Kiefer locker hängen zu lassen und das Gesicht zu entspannen, ist für sich allein schon „schwer“. Wir Menschen wollen ungern die Kontrolle loslassen und sei es auch nur für den Moment des Klingens im geschützten Coachingraum.

Es fühlt sich im ersten Moment wie Kontrollverlust an, wenn man den Kiefer hängen lässt. Der eigene unverstellte und ganz natürliche Stimmklang erschreckt viele Menschen, wie ich immer wieder in meiner Arbeit mit Klienten feststelle.

Die kommenden drei Schritte sind für dich genau richtig, wenn du denkst, du hast deine natürliche Stimme noch nicht vollends gefunden. Und damit meine ich sowohl deine natürliche Lage als auch den Anwalt in dir, der sich für deine Bedürfnisse einsetzt. Diese Stimme nicht zu finden, kann dich im schlimmsten einige Stufen der Karriereleiter bedeuten.

Inhaltsverzeichnis

„Blockierte Gefühle sind das grundlegende Hindernis für eine freie Stimme und schwammiges Denken das grundlegende Hindernis für eine deutliche Aussprache.“ sagt die New Yorker Stimmtherapeutin Kristin Linklater.

Blockierst du deine Wut? Deine Kraft, deine Energie?

Der erste Schritt zur natürlichen Sprechstimme: Courage!

Dosiere deine Wut und lass daraus konstruktive Kraft wachsen

Bist du nett? Versuchst du, es anderen Leuten recht zu machen? Bist du defensiv? Deine Stimme klingt weich?

Gerade letzte Woche sprach mich eine Klientin genau auf dieses Thema an. Wie kann ich stärker und mächtiger klingen?

„Ich will Abteilungsleiterin werden, meine bisherigen Leistungen werden nicht recht zur Kenntnis genommen und in Teammeetings nehmen andere sich das Wort. Wenn ich dann spreche, hört mir keiner zu. Kurz und schlecht.“ Kurzum: Sie lässt sich unterbuttern.

„Seien Sie couragiert und suchen Sie die Konfrontation“, habe ich ihr geraten.

Und jetzt denkst du vielleicht: Ich soll die Konfrontation suchen? Geht’s noch? Ich bin froh, wenn mein Leben friedlich ist. Dazu sage ich: Im Prinzip ja, du hast völlig recht.

Aber dann ist unter Umständen eben auch deine Stimme weichgespült und sitzt vielleicht sogar zu hoch und zu flach.

Natürlich sind Sanftmut und Freundlichkeit wunderbare Charaktereigenschaften.  Aber immer Nett-sein funktioniert leider nicht. Manchmal müssen wir für unser Recht einstehen. Oder auch für das Recht anderer. Ich übe mich in Zivilcourage, so oft sich mir die Gelegenheit bietet. Ich mach den Mund auf.

Engagier dich – auch für dich! Mach dich unbeliebt, wenn es sein muss. Das übt. Besonders fürs Teammeeting. Dosiere deine Wut auf das situativ angebrachte Maß und lass daraus konstruktive Kraft wachsen.

Der zweite Schritt zur natürlichen Sprechstimme:

Mit innerer Klarheit zur starken Stimme

 Gerne zitiere ich Kristin Linklater nochmal: Schwammiges Denken ist das grundlegende Hindernis für eine deutliche Aussprache.

Geht es dir wie meiner Klientin, die sich nicht recht wahrgenommen fühlt?

Dann sprich mit einem Vertrauten darüber. Ähnlich wie beim Mobbing gibt es diese unscharfen Momente: Jemand schaut einen schräg von der Seite an, sagt etwas Abfälliges mit einem gewissen Unterton. Man sagt zu sich, Mmmnh? Hab ich das eben richtig gehört? Man hat den Kopf voll und will auch keinem was unterstellen. Übers Tagesgeschäft verwischen die eigenen Wünsche zu einem Allgemein-Brei. Geht es dann um die Bewerbung um den Abteilungsleiter-Posten, bemerkt man den diffusen Gedankennebel im eigenen Kopf erst so richtig.

Wie soll man bei diesem schwammigen Denken klare Statements raushauen? Dass die Stimme dabei alles andere als bestimmt klingt, ist doch klar.

Wie findest du also deine natürliche Stimmlage? Wie findest du deine Kraft in deiner Stimme? Indem du dir Zeit nimmst. Zeit, deine Ziele klar zu definieren. Zeit für die Gespräche mit den Entscheidern.

Zeit für die Memos, in denen du dich lobst. Frei nach dem Motto: Tue Gutes und sprich darüber. Plan Zeit ein, um dein Netzwerk zu durchsuchen nach Fürsprechern.

Nimm dir Zeit, eine klare Strategie zu bauen mit klaren Statements. Deine Stimme klingt dann entsprechend entschlossen. Drei-Wetter-Taft: Stimme? sitzt. Du weißt ja, was du sagst.

Der dritte Schritt zur natürlichen Sprechstimme:

Hab Mut zur Peinlichkeit und genieß den Moment

Damit deine Stimme nicht ins Hysterische kippt, solltest du sie kennen. Geh in den Wald und mach Rufübungen mit deinen Kindern. Kinder rufen gerne im Wald. Das schallt so schön. Lache, atme, freu dich an Sonne und blauem Himmel. Sei albern und mach Unsinn. Dann kommt deine Stimme automatisch in die gesunde Indifferenzlage. So einfach ist das. Tief atmen und Freude sind die Aktivierer des Parasympathikus.

Sympathikus und Parasympathikus sind Teil des vegetativen Nervensystems. Der Sympathikus aktiviert den Organismus. Der Sympathikus lässt uns Hindernisse überwinden, versetzt uns aber auch in Alarm.

Der Parasympathikus lässt uns zur Ruhe kommen oder anders gesagt: lässt sich durch ruhige Handlungen aktivieren. In der Ruhe liegt die Kraft. Wir denken wieder an die Teamsitzung: Kraftvoll will meine Klientin ihre Statements abgeben und sich gegen Angriffe behaupten. Sie wird gute Nerven brauchen.

PS: Meine Klientin hat sich übrigens durchgesetzt und hatte auch noch Spaß dabei

Ein wichtiger Baustein für die eigene Karriere ist das Sprechen auf einer Veranstaltung zum Beispiel auf einer Messe. Menschen ansprechen, Smalltalken und sich vernetzen sind wichtige Fähigkeiten, um sich selbst und das Unternehmen nach vorne zu bringen.