…heraus aus dem Reizthema:

Smalltalk ist Schwerstarbeit. Wir müssen uns um den anderen bemühen. Darum, Interesse am anderen zu entwickeln und gleichzeitig an der Oberfläche zu bleiben. Interesse aufzubringen, für vielleicht auch sehr fremde Ansichten ohne meinen Senf dazu zu geben, sagt Hannovers Kommunikationsexpertin Dr. Mechthild Klotz.

„Mallorca ist eine so fantastische Insel..“

„Mmm, ja…“ (mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen, also lasse ich es besser..mal schauen, ob wir noch ein gemeinsames Thema finden..

 

 

Wenn wir merken, dass der Kitt zwischen uns nicht stark genug ist, dass wir einfach keine gemeinsamen Anknüpfungspunkte finden, dann trennen wir uns wieder. Wir können uns aber jederzeit wieder bei offiziellen Anlässen in Würde begegnen. Denn es hat zwischen uns keine Reibung gegeben. Wichtig ist dabei eben, dass das Gespräch nicht so tief gegangen ist. Dass wir nicht vor unüberwindbaren Kratern stehen, die wir eigentlich überbrücken müssten.

Deswegen haben emotional aufgeladene Reizthemen wie Politik, Religion, Essensgewohnheiten und Geld nichts in einem ersten und auch nicht in einem zweiten Aufeinandertreffen zu suchen. Mechthild Klotz zeigt die Tragweite eines gelungenen Smalltalk:

Beenden kann ich einen Smalltalk nur, wenn er so leicht geblieben ist, dass ich mich ohne unangenehme Erinnerung zurück zu lassen verabschieden kann.

Wenn dir was nicht gefällt an dem, was ich sage und du dein Mißfallen ausdrückst, dann würgst du das Gespräch ab, zum Beispiel so:

„Sie kommen gerade aus dem Urlaub, so braungebrannt? So erholt sehen Sie aus.“

Ja, ich komme aus Mallorca zurück, drei Wochen.“

„Mallorca! Wie schrecklich, wie kann man denn dahin fahren!“

Und schon hast du versäumt, zu erfahren, dass der andere einen dreiwöchigen Klosteraufenthalt zur inneren Einkehr gemacht hat. Schublade auf, eigenes Bild rein und Schublade zu.

Hier kann nur noch schnell das Thema komplett gewechselt werden. Das ist dann höchste Eleganz – nämlich Konzilianz. Nie beleidigt und immer ausgleichend freundlich Zugang findend. Ein Träumchen.

„Meine Güte, dieses Fest erinnert mich ein bißchen an ein Kinderfest. Wann habe ich zum letzten Mal ein Spiel wie Eierlaufen machen müssen!“

Glasperle 1: Ein Wort aufnehmen und eine neue Geschichte daraus machen. Gib dabei ein bisschen von dir preis:

„Ja, das ist auch bei mir lange her. Eierlaufen haben wir auf dem Geburtstag meines Sohnes letzte Woche gespielt.“

Glasperle 2: Ein Wort aufnehmen und eine neue Geschichte daraus machen. Gib dabei ein bisschen von dir preis: „Ein Geburtstagsfest im Sommer! Wie schön! Wie alt ist er geworden?“

„5. Eigentlich wollte er lieber Fussball spielen, aber das wollte meine Frau nicht.“

Glasperle 3: „Jaja, die Frauen..“

Bei alledem ist es völlig unwichtig, ob wir das einander sagen oder nicht. Wir gewinnen auf der Informationseben nichts. Auf der Sachebene schon – denn wir sind gerade dabei, herauszufinden, ob diese Person für mich interessante Impulse bringt.

 

Ob die Chemie stimmt, finden wir im Laufe des Gespräches heraus. Darum geht es aber nicht. Es geht darum, einander in Würde und Respekt zu begegnen und auch wieder auseinander gehen zu können. Auf jeden Fall übt das kleine Gespräch, der Smalltalk unsere Sozialkompetenz.

„Es geht um die Kunst der Wertschätzung“, sagt Kommunikationsexpertin

Dr. Mechthild Klotz. In ihrer Praxis in der List unterrichtet sie die Kunst des interessierten Nichts, das so viele Türen öffnen kann.

Nichts ist ja nicht buchstäblich nichts, sondern ein bisschen ist eben DOCH da. Ein Hauch von Nichts. Sehr teuer, sehr exklusiv, sehr kostbar. Dr. Mechthild Klotz sagt, es geht um das Interesse am anderen, an etwas Neuem, das ich noch gar nicht weiss, an dem, was uns möglicherweise gemeinsam ist und an dem, was uns total voneinander unterscheidet.

Smalltalk ist Schwerstarbeit.

Der Smalltalk ist ein kleines Gespräch. Im Gegensatz zum grossen Gespräch, zu einer intensiven Diskussion zum Beispiel, geht es im Smalltalk eigentlich um: Nichts.

„Aber..das ist doch banal…?“

Smalltalk IST banal. Für uns beide ist es völlig unwichtig, dass wir beide, unabhängig voneinander in, sagen wir, Göttingen waren.

„Hallo, ich bin Matthias. Wie heisst du?“

„Kaspar.“

Hallo Kaspar. Das ist ja eine schöne Wohnung! Ich bin noch gar nicht hier gewesen. Und Peter habe ich auch ewig nicht mehr gesehen.“

Woher kennst du Peter?“

Wir haben zusammen in Göttingen studiert.“

Jetzt kommt das Anknüpfen ans bedeutungslose Gemeinsame:

„Ach Göttingen! Da habe ich mal, ist ewig her, beim Stadtradio ausgeholfen. Hat mir gut gefallen. Göttingen habe ich als wirklich schöne Stadt in Erinnerung. Ich weiss noch: nach der Sendung am Sonntagmorgen sind wir dann in dieses Cafe am Marktplatz gegangen und haben erst mal richtig gut gefrühstückt, also eher gespätstückt, war ja dann immer schon 11:00.“

Ich weiss, welches Cafe du meinst, da war ich auch oft.“

Für beide ist es völlig belanglos, dass sie das gleiche Cafe kennen. Kurios vielleicht, aber für das bisherige und das weitere Leben völlig bedeutungslos.

Aber schauen wir, wie die Reise weitergeht:

„Sowas such ich in Hannover, weisst du da was?“

Und schon können Informationen ausgetauscht werden, die vielleicht doch zu einer Bedeutung werden können, aber nicht müssen.

 

Erfolg will jeder haben. Aber tun wir auch genug dafür?

Hand aufs Herz. Veränderung kostet Überwindung. Überwindung ist ein reiner Kraftakt. Raus aus der Gewohnheit, raus aus dem Hamsterrad, raus aus der Komfortzone. Meckern und Träumen ist leichter, klar. „Ziele ohne Plan sind Träume“ sagt Antoine de Saint-Exupéry. Wenn ihr aber etwas ändern wollt, braucht ihr einen Plan und Motivation. Und sehr viel Willen, es jeden Tag aufs Neue zu versuchen. Wenn wir uns unzufrieden in unserem Leben fühlen, festgefahren, der täglichen Routine überdrüssig, dann ist das ein ernst zu nehmendes Warnsignal des Körpers, dass die Seele auch ein Bedürfnis hat und seit langer Zeit nicht mehr auf ihre Kosten kommt.

„Seele? Bedürfnisse? Bin ich Gandhi? Meckern erleichtert doch auch.“

Macht aber nicht erfolgreich. „Forcing yourself to be uncomfortable“ – „Zwing dich zur neuen Gewohnheit“ sagt Mel Robbins, Amerikas bekannteste Motivationstrainerin.

Egal, was wir ändern müssen, es kostet unglaublich viel Kraft. Wir müssen uns selbst dazu zwingen. Den ersten Schritt zu tun. Und den zweiten. Hoffen, dass es beim Dritten schon leichter fällt. Und immer weiter gehen, Schritt für Schritt.

 

 

Hallo, ich bin Matthias, ich bin ganz neu hier in Hannover und komme aus Hamburg.“

„Hamburg! Was für eine schöne Stadt!“

„Du kennst Hamburg?“

„Nicht sehr gut. Ein Muss für mich ist aber immer die Aussenalster. Eine Bootstour einmal rüber nach Winterhude und zurück. Egal ob bei Regen oder Sonne.“

„Ja, das mache ich auch gern. Ich liebe das Musicaltheater auf der Kellinghusener.“

„Die Kellinghusener Strasse –  in welchem Stadtteil ist die nochmal?“

 Und so weiter. Die Kunst des Smalltalks liegt darin, an der Oberfläche zu bleiben. Keine Diskussion zu entfachen, niemanden überzeugen wollen. Also nicht so:

„Musicals? Das ist so gar nicht meins, finde ich auch ziemlich überschätzt. Theater überhaupt ist mir alles zu künstlich.“

Selbst, wenn es so ist, ist das hier der falsche Zeitpunkt, das miteinander auszudiskutieren.

Der Smalltalk ist das kleine Gespräch, sonst hiesse er Bigtalk.

Besonders wichtig: Den Gesprächspartner nicht vor den Kopf stoßen.

Funktionieren im menschlichen Sozialverhalten.

„Aber Musicals interessieren mich nun mal nicht, soll ich da trotzdem nachfragen und Interesse heucheln?“

Jeder hat das Recht auf seine Vorlieben. Stabile Beziehungen schaffen wir durch das ehrliche Interesse an der Andersartigkeit des Anderen. Und das ist Schwerstarbeit.